1325 taucht Zschaagwitz erstmals urkundlich auf. Doch es sind bereits mehr als 300 Jahre seit der Unterwerfung der westslawischen Sorben durch die Franken vergangen. Der slawische Namensursprung (-itz) lässt vermuten, dass weit vor 1325 jemand hier gelebt haben muss. Im benachbarten Zettlitz ist eine slawische Besiedlung ab ca. 1100 bekannt. Da wo heute die Kirche steht, mag einst eine slawische Anlage gestanden haben. Doch warum in die Ferne schweifen? Nur wenige wissen, dass sich keine 2 Kilometer von Zschaagwitz entfernt eine slawische Wallanlage bei Köttern befand. Dieser Ort war durch eine doppelte Erdmauer geschützt und reiht sich ein in zahlreiche Reste slawischer Verteidigungsanlagen entlang der Mulde. Gab es eine Geschichte vor den Slawen? Siedelten hier Germanen? Wie sind Funde von Feuersteinen, Tongefäßen und Steinwerkzeugen einzuordnen? Die folgende Abhandlung soll ein Ausflug in die Geschichte der Region sein. Es sei dabei der Fantasie des interessierten Lesers überlassen, einen fiktiven Film im Kopf zu entwickeln, wie es in Zschaagwitz und Umgebung in den beschriebenen Zeitabschnitten zugegangen sein mag.
Es ist kalt, die Sonne scheint aus strahlend blauem Himmel, eisiger Wind weht aus Nordost. Wie Kuhflecken bedecken lockere Schneefelder die trostlose Landschaft. Vereinzelte Büsche und aufgelockerte Gruppen junger Bäume bringen etwas grüne Farbe in diese raue Welt. Jäger und Sammler streifen durch die Landschaft. Sie verfolgen ein Herde Mammute. Im Hintergrund suchen Riesenhirsche nach Nahrung. Die unsichtbaren Blicke eines Höhlenlöwen überwachen die Szenerie - er wartet auf seine Gelegenheit. Auch der Mensch stand auf der Speiseliste dieses riesigen Raubtieres. In der Ferne geht ein Höhlenbär seines Weges. Er sucht nach leckeren Beeren. Wir befinden uns in der Steinzeit, kurz nach der letzten Kaltzeit, vor ca. 11.000 Jahren. Es ist die vorerst letzte Kaltzeit, die darauf folgende Wiederbewaldung wird zum Aussterben des steinzeitlichen Großwildes führen. Doch bereits vor dieser Zeit hätte man in Zschaagwitz Menschen begegnen können, wenn auch sehr selten. Die ältesten Funde in der weiteren Umgebung sind mehr als 100.000 Jahre alt. Damals wanderte der anatomisch moderne Mensch "Homo sapiens" aus Süden ein und vermischte sich mit den hier ansässigen Neandertalern.
Mit dem Rückzug des Gletscherschildes und dem Ende der Weichsel-Kaltzeit konnte sich nun das fruchtbare Mulde-Lösshügelland ungestört ausbilden. Dichte, nicht durch riesige Ackerflächen unterbrochene Eichen- und Buchenwälder - unberührte Urwälder, nicht mit heutigen Wäldern zu vergleichen - und saftige Flussauen dominierten fortan die Flora. Aus dem Nahen Osten über den Balkan breiteten sich von Süd nach Nord Einflüsse der Linearbandkeramik aus. Diese Kultur lebte vermutlich einige Jahrhunderte friedlich mit den Jägern und Sammlern der Mittelsteinzeit. Im Laufe der Zeit kam es allerdings wie üblich zur Vermischung und zur Weitergabe vorteilhafter Eigenschaften, sodass sich Ackerbau und Viehzucht gegenüber Nomadentum durchsetzte. Auch die Fähigkeit, im Erwachsenenalter Milch zu verdauen, breitete sich genetisch aus. In Süddeutschland begann dieser Prozess ab ca. 5700 v.Chr und endete erst 4000 v.Chr. in Norddeutschland. Grob um 5000 v.Chr. herum könnte es somit in Mittelsachsen zu ersten, festen Siedlungen gekommen sein, wie der kürzlich ausgegrabene jungsteinzeitliche Fundplatz bei Döbeln zeigt. Fund-Schwerpunkte im Süden Leipzigs und nördlich der Mulde deuten darauf hin, dass möglicherweise bereits ab 5500 v.Chr. feste Siedlungen entstanden sind. Neben Hausbau, Ackerbau und Viehzucht brachte diese Kultur auch eine gewisse Kunstfertigkeit mit. Erste Ansätze von Religion und Spiritualität lassen sich erkennen. Zwischen 5500 und 4500 v.Chr. lebten somit die ersten Bauern und Viehzüchter Mittelsachsens. Dieser Mix von Einwanderern aus Südost mit den vorhandenen Jägern und Sammlern ist nachweislich die genetische Grundlage unserer heutigen Bevölkerung. Erstaunlich: Legt man die Bodenkarte Sachsens über die Fundkarte der Bandkeramiker, ergibt sich für den mittelsächsischen Raum eine fast exakte Überlagerung mit den Lössgebieten. Unsere Vorfahren wählten ihren Wohnort mit Bedacht und sie verstanden es, die Natur zu lesen. Dafür brauchten sie keine digitalen Geräte. Es muss erwähnt werden, dass für die konkrete Zschaagwitzer Region Stand 2024 noch kein einziger Fund zur Linienbandkeramik bekannt ist. Es gibt zahlreiche Funde vor dieser Zeit, nach dieser Zeit und aus benachbarten Gebieten. Eine These ist, dass das Gebiet für den aufkommenden Ackerbau und die Viehzucht zu steiles Gelände aufwies und erst später wieder besiedelt wurde. Möglicherweise war diese konkrete Gegend also für einige Jahrhunderte unbesiedelt.
Es ist ein schöner Sommertag. Die letzte Kaltzeit ist längst vergessen, es ist schön warm, die Vögel zwitschern. Am Rande eines dichten Laubwaldes blicken wir auf liebevoll gebaute Langhäuser. Ein kleiner, naher Bach plätschert vor sich hin. An ihn schmiegen sich Wiesen und Felder, die durch mühevolle Rodung dem Urwald entrissen wurden. Frühe Kulturpflanzen wiegen sich im Wind. Im Hintergrund hört man Huftiere und Ziegen. Von Feuerstellen steigt Rauch auf - es riecht nach gebratenem Fleisch. Doch woher kommt dieses metallische Klirren, das sich in die ländliche Geräuschkulisse mischt? Es handelt sich um bräunlich glänzenden Schmuck, Werkzeuge und Waffen. Die mittelsächsischen Siedler haben Felle, Nahrung und weitere Naturprodukte gegen die ersten Metallprodukte der Bronzezeit eingetauscht. Diese Epoche beginnt um 2200 v.Chr. und brachte unter anderem auch die berühmte Himmelsscheibe von Nebra hervor. Zur Herstellung wird Kupfer und Zinn benötigt. Während Kupfer nie eine große Rolle spielte und von anderen Lagerstätten stammte, ist das Zinnvorkommen im Erzgebirge weltweit von Bedeutung. Es ist belegt, dass bereits in der Bronzezeit Zinn gezielt abgebaut wurde - heute vermutet man sogar den ältesten Erzbergbau Europas im Erzgebirge. Nicht nur die Landwirtschaft und der beginnende Bergbau sorgte wohl für einen regen Handel in der Region, auch Salz war bereits eine begehrte Handelsware. Zahlreiche Funde und bis heute sichtbare Hügelgräber belegen, dass die Region mit Sicherheit besiedelt und kulturell geprägt war.
Im Anschluss an diesen Zeitabschnitt bildeten sich zunehmend Stämme in ganz Europa heraus. Eisen als Metall setzte sich durch. Wir sprechen nun im sächsischen Raum von den ersten Germanenvölkern mit dichter Nachbarschaft zu keltischen Völkern südlich des Erzgebirges in Böhmen. Zum Einfluss der Kelten gibt es rege Diskussionen. Funde sind belegt, jedoch ist von einer dominanten Keltenbevölkerung nicht auszugehen. Viel wahrscheinlicher ist also ein reger Handel mit den Nachbarn, aber ohne nachhaltige keltische Besiedlung in Sachsen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es "die Germanen" eigentlich nicht gibt. Es handelt sich dabei um einen von den Römern geprägten Sammelbegriff für dutzende, indogermanische Stämme. Auch wenn im Umfeld von Siedlungen bereits Ackerbau betrieben wurde und es für Baumaßnahmen und Brennmaterial zu signifikanten Abholzungen kam, waren große Teile Sachsens weiterhin dicht bewaldet und von unbarmherzigen Feuchtgebieten durchzogen. Damalige Geschichtsschreiber und spätere Überlieferungen sprachen vom sogenannten "Miriquidi". Das Erzgebirge und das Erzgebirgsvorland wird heute als Teil dieses schwer durchdringbaren, von Römern verteufelten Waldes gesehen. Die übereinstimmenden Berichte zeigen deutlich, dass man sich die Landschaft zu diesen Zeiten weiterhin keinesfalls aufgelockert wie heutzutage vorstellen darf.
Die folgende Zeit der indogermanischen Völker und des wachsenden Einfluss durch das Römische Reich sind durchaus als chaotisch zu bezeichnen. Es bildete sich unter anderem die Stammesgruppe der Sueben - so von den Römern bezeichnet - aus. Zu dieser Gruppe Elbgermanen (Herminonen) gehörte der Stamm der Hermunduren, die man am ehesten der Region Mittelsachsen zuordnen kann. Weitere namentlich nicht bekannte Kleinstämme sind sehr wahrscheinlich vorhanden gewesen. Zunächst sah es so aus, als könnten die Römer ihren Willen durchsetzen. Zwischen 4 und 5 n. Chr. konnte Tiberius die Germanen bis an die Elbe zurückdrängen. Doch schon 9 n. Chr. kam es zur legendären Varusschlacht. Die Römer zogen hier den Kürzeren und mussten die Pläne, ihren Einfluss an der Elbe auszudehnen, aufgeben. Mittelsachsen blieb indogermanisch, wobei das Volk der Hermunduren von den Römern als kooperativ beschrieben wurde. 17 n. Chr. kam es nördlich, in der Leipziger Tieflandsbucht, zu Auseinandersetzungen zwischen Cheruskern und Markomannen unter König Marbod. Ein klarer Sieger ging daraus nicht hervor.
Im Verlauf mehrerer Jahrhunderte zogen mutmaßlich mehrere Völker durch Sachsen. Dieser nicht exakt abgesteckte Prozess wird "Völkerwanderung" genannt. Die Ursachen waren mannigfaltig. Zwischen Rom und den indogermanischen Stämmen kam es auf der einen Seite zu einem regen Handel und söldnerartigen Diensten, auf der anderen Seite auch zu starken kriegerischen Auseinandersetzungen. Diese Unterschiede führten auch unter den Stämmen zu Spannungen und Wanderungen, welche ihrerseits wiederum neuen Druck und darauf folgende Wanderungen auslösten. Halbwegs gesicherte Informationen aus dieser Zeit bieten nur Funde sowie römische Berichte zu grenznahen Stämmen. Für die Stämme fernab von römischem Einfluss ist die Informationslage eher dünn. 58 n. Chr. wird von einer Salzschlacht berichtet, den die Hermunduren gegen den Stamm der Chatten für sich entscheiden konnten. Man nimmt die Salzvorkommen an Werra oder Saale an. Die letzten Überlieferungen gibt es 180 n. Chr. Anschließend gibt es ca. 200 Jahre keine Überlieferungen mehr über das Stammesgebiet, das Abwandern der Hermunduren ist sehr wahrscheinlich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meisten Germanenstämme schlussendlich verstreut in ganz Südeuropa, fernab ihrer alten Heimat, siedelten.
Um 375 n. Chr. fielen die Hunnen unter Attila aus Osten ein. Mit ungewohnt mobiler Kriegsführung (z.B. berittene Bogenschützen) verbreiteten sie Angst und Schrecken. Doch die Hunnen zogen wieder ab, das Hunnenreich zerfiel und es bildete sich ein eigenständiger, thüringischer Großstamm heraus. Darunter wurden wahrscheinlich auch zugewanderte Stämme wie Angeln und Warnen zusammengefasst. Um 400 n. Chr. wird der Name T(h)oringi bzw. T(h)uringi erstmals von dem römischen Schriftsteller Flavius Vegetius Renatus im Zusammenhang mit weißen Pferden erwähnt. Um 453 hat sich dieser Herrschaftsbereich fest etabliert und könnte das mächtigste germanische Reich außerhalb der alten römischen Reichsgrenzen gewesen sein. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass einige Forscher den Fortbestand der Hermunduren als Grundlage für die späteren Thüringer sehen. An dieser Variante werden aber sehr starke Zweifel geäußert. Die exakte Ostgrenze ist nicht bekannt, sodass die Zugehörigkeit Mittelsachsens in dieser Zeit wahrscheinlich, aber nicht bewiesen ist. Die Freude der Thüringer hielt nicht lang an. Nach der Absetzung des letzten römischen Kaisers im Jahre 476 n. Chr. und dem beginnenden Niedergang des Römischen Reiches kassierten die Thüringer 531 n. Chr. eine Niederlage gegen die Franken und wurden eingegliedert. Doch auch die Franken durften keine Thüringer Klöße genießen - Kartoffeln wurden erst im 16. Jahrhundert aus Südamerika importiert.
Große Teile Deutschlands standen nun unter indogermanisch-römischem Einfluss und das Fränkische Reich etablierte sich. Es wird angenommen, dass Sachsen in dieser Zeit nahezu entvölkert, höchstens jedoch dünn besiedelt war. 568 n. Chr. zogen die Thüringer zusammen mit anderen Stämmen nach Italien. Germanische Abstammungsmythen finden spätestens an dieser Stelle ein jähes Ende. Im 6. und 7. Jahrhundert wanderten slawische Stämme vermehrt aus Osten ein und nahmen das Geschenk fruchtbarer, menschenleerer Ländereien dankend an. Man spricht fortan von elbslawischen Stämmen bzw. von Westslawen. Bedingt durch die Nähe zu den Franken bildete sich ein nicht genau eingrenzbarer Bereich aus, der mit "Limes sorabicus" bezeichnet wurde. Er verlief definitiv westlich der Mulde, wo genau er sich jedoch befand, ist unklar. Während sich die ostelbischen Slawen lange Zeit komplett gegen Unterwerfungen des Frankenreiches wehren konnten, muss davon ausgegangen werden, dass die Region Mittelsachsen im "Gau Chutizi" möglicherweise bereits ab Mitte des 9. Jahrhunderts Tribute an die Franken zahlen musste. Das Volk der Sachsen befand sich damals in Norddeutschland. Sachsen und Slawen waren nicht gut aufeinander zu sprechen, sodass es zu gegenseitigen Scharmützeln und Raubzügen kam. Christliche Missionierungen und Vermischungen der Einwohner müssen als gering angesehen werden.
Heinrich der I. führte 928/929 im Windschatten der Konflikte gegen die marodierenden Ungarn einen großangelegten Feldzug gegen die Slawen durch. 929 wurde die Hauptburg Gana zerstört - der zentrale Ort des benachbarten Volkes der Daleminzer im heutigen Stauchitz. Wenn Heinrich der I. also die östlichen Nachbarn 929 bezwang, muss er zuvor auch die Zschaagwitzer Region unter seine Kontrolle gebracht haben - sofern sie vorab nicht ohnehin schon unter subtiler Abhängigkeit stand. Bereits 968 ging die Königsburg in Rochlitz durch neue Hände. Später wurde sie in Brand gesteckt und es wird berichtet, dass die Burg nach dem Neuaufbau keinen einfachen Erdringwall mehr besaß, sondern fortschrittliche Aufbauten beinhaltete. Daraus kann man schließen, dass bereits eine slawische Anlage an gleichem Ort mit Erdwall bestanden haben dürfte.
Während die meisten Zeitzeugen unter der Erde liegen oder einfach überbaut wurden, haben uns die Slawen ein lebendiges Erbe hinterlassen. Sie gaben Zschaagwitz seinen Namen. Dutzende Slawenburgen im näheren Umfeld sind bis heute entlang der Mulde stumme Zeitzeugen. Zwar befinden sich die imposanten Holz-Erde-Wallanlagen längst nicht mehr in der damaligen Form, doch die übriggebliebenen, ringförmigen Erdhaufen lassen sich noch heute erkunden. Wo sich heute Fuchs, Hase und Igel gute Nacht sagen, bereitete man sich damals sorgfältig auf militärische Konflikte vor. Die Forschung geht zudem davon aus, dass früher auch die Region Mittelsachsens als "sorbisch" bezeichnet wurde. Die Sorben sind heute eine anerkannte nationale Minderheit mit eigener Sprache in der Lausitz und vermutlich direkte Nachfahren eines Teils unserer Vorfahren. Zwar wurden beispielsweise bei der Eroberung der Hauptburg Gana alle Erwachsenen umgebracht und die Kinder versklavt, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass die Bauern vernichtet wurden. Viel wahrscheinlicher ist, dass diese in Abhängigkeit gerieten und die Nahrungsversorgung der eroberten Gebiete weiterhin sicherstellen mussten. DNA-Analysen zeigen, dass sich slawische DNA (auch schon vor den Flüchtlingsströmen im Zuge des 2. Weltkrieges) in ganz Ostdeutschland sehr gut gehalten hat. Örtlich ist sie sogar in der Mehrheit.
In den folgenden Jahrhunderten erfolgte die weitere Besiedelung und Landnahme der Region. In diesem Zuge kam es auch zur Zuwanderung fränkischer Siedler, die bestehende Siedlungen übernahmen und erweiterten und über die slawischen Heiligtümer Kirchen bauten. Es begann damit die Ausbildung erster Städte und der Bau von soliden Burgen sowie Gotteshäusern. Das uns bekannte, klassische Bild mittelalterlichen Lebens bildete sich aus. Erst am 6. Januar 1423 kam es nach mehr oder weniger kuriosen Wanderungen von Herrschaftstiteln des ehemaligen Volkes der Sachsen zur Ankunft des Herzogtitels im heutigen Sachsen. Der Freistaat Sachsen steht somit abgesehen von einer Wortherkunft in keinem Bezug zum Volk der Sachsen. Damit endet die zumeist unbekannte Vorgeschichte, fortan nehmen schriftliche Quellen und akribische Buchführungen stark zu. Gleichzeitig endet die Zeit großer Völkerwanderungen und teilweise komplett menschenleerer Perioden mit dem Austausch ganzer Völker und Kulturen. Es folgen mehrere Jahrhunderte mit überwiegend innerdeutschen bzw. regionalen Konflikten. Das mittelalterliche Leben war nicht so düster, wie oft von unvorsichtigen Medienformaten präsentiert, doch rauh und blutig war es definitiv. Es brannte oft, Krankheiten rafften die Menschen mehrfach dahin, in Kriegen schoss man mit Armbrüsten aufeinander und so mancher stand nach einem Schwerthieb nicht mehr auf. Neben zahlreichen Webseiten, Büchern und Quellen lässt sich die weitere, sehr gut dokumentierte Geschichte der Region bei Wikipedia sowie bei einem Besuch des Museums im Schloss Rochlitz erkunden.
Die Stadt Leipzig war im Zweiten Weltkrieg ein bedeutendes Zentrum zur Herstellung von Flugzeugen, für Kommunikation und Knotenpunkt des Schienenverkehrs. Bereits seit 1940 gab es Pläne, Leipzig zu zerstören, allerdings konnten die Bomber zunächst abgesehen von kleineren Angriffen reichweitenbedingt keine großen Schäden anrichten. Mit dem Angriff vom 20. Oktober 1943 änderte sich dies. Planmäßig hoben kurz nach 17 Uhr 358 Lancaster-Bomber in England ab. Die geplante Flugzeit betrug 7 Stunden mit einem nördlichen Anflug auf Leipzig und anschließender Rückkehr durch eine Rechtskurve südlich von Leipzig. Etwa dreieinhalb Stunden nach dem Start, gegen 21 Uhr, wurden Bomben auf Leipzig und das weitläufigere Umland abgeworfen. Dieser Angriff war der Beginn einer Serie von Angriffen auch über Leipzig hinaus, der heraufbeschworene Schrecken sollte erst 1945 enden.
Zeitzeugen-Erzählungen zu brennenden Lichtern als Ursache sind wohl ins Reich der Mythen und Legenden zu verbannen. Einzelne Lichtquellen lassen sich in der Flughöhe der Bomber nicht erkennen. In Frontnähe mit tieffliegenden Schlachtflugzeugen oder Aufklärern sah das schon anders aus, diese waren zu der Zeit aber nicht im Reichsgebiet im Einsatz, die Front war noch weit weg. Abgesehen davon ist Zschaagwitz auf Karten der Alliierten (Karte 1, Karte 2) auch gar nicht verzeichnet - Rochlitz und Geringswalde jedoch schon.
Es wird übereinstimmend berichtet, dass das Wetter an diesem Tag unerwartet schlecht war. Die Bomberbesatzungen berichten, dass 10/10 Bedeckung - also eine geschlossene Wolkendecke - herrschte. Zudem sei der Mond nicht erkennbar gewesen, die Piloten flogen innerhalb der Wolken oder zwischen Wolkenschichten. Ein Originalbericht spricht sogar von "schrecklichem" Wetter und stark gestreuten Bombardierungsergebnissen. Da die Wetterstationen trotz Kriegstätigkeiten größtenteils noch zuverlässig betrieben wurden, kann eine grobe Analyse zum Wetter am 20. Oktober 1943 erfolgen. Demnach ging dem Angriff ein freundlicher Herbsttag mit Temperaturen bis 20°C voraus. Über Nordwestdeutschland lag ein dichtes Wolkenband, was zum Zeitpunkt des Angriffs weiter nach Sachsen vorangekommen war und Leipzig bedeckte. Vereinzelt wurde Sprühregen aus diesem Wolkenband gemeldet, örtlich auch Nebel. Mittelsachsen hingegen könnte basierend auf den Messdaten noch wolkenfrei oder lückenhaft bewölkt gewesen sein.
Von 358 gestarteten Lancaster-Bombern ist bekannt, dass nur 270-290 Leipzig attackierten. Etwa 50 wählten alternative Ziele. Aus Berichten weiß man, dass die Angriffe ohne Zielmarker, ohne markante Geländemerkmale oder mit ungenau platzierten bzw. schlecht sichtbaren Zielmarkern überaus ungenau ausfielen. Teils wurde rein nach berechneter Ankunftszeit abgeworfen - wie genau eine Bombardierung im quasi Blindflug nach Zeit bei einer Fluggeschwindigkeit von 300-350km/h ist, kann man sich ausmalen. Auch technische Ausfälle führten zu ungeplanten Abwürfen, wie dieser Bericht (Abwurf Belzig statt Leipzig, also 90km zu früh) zeigt. Auch in der Nähe von Grimma, bei Altenhain, sind Treffer bekannt. Zschaagwitz dürfte somit zufälliges Opfer dieser wetterbedingten Ungenauigkeiten, eines Notabwurfs oder einer alternativen Zielauswahl Geringswalde/Rochlitz geworden sein, da mehrere Faktoren für präzise Bombardierungen Leipzigs nicht gegeben waren. Die RAF selbst bezeichnete die Mission als Misserfolg.
Zunächst berichten Zeitzeugen, seien sogenannte "Christbäume" zu sehen gewesen. Es handelte sich dabei um Leuchtbomben und Zielmarkierungen. Ob es sich hier um die Leipziger Angriffe handelte oder Mittelsachsen auch bewusst ausgeleuchtet wurde, ist nicht bekannt. Der Eindruck muss bedrohlich gewesen sein - die Ausleuchtung war nicht wie auf Schwarzweiß-Fotos zu vermuten weißlich, sondern überwiegend rot und grün, gelb und ganz selten auch blau. Diese farbigen Markierungen wurden durch die sogenannten "Path Finder" gesetzt und signalisierten dem Bomber Command, wann und wo die Bomben abgeworfen werden sollen. Die erste Zielmarkierung konnte beispielsweise in Farbe Grün vorgenommen werden, gefolgt von einer roten Markierung zur Korrektur des Zieles, wiederum gefolgt von einem gelben Signal zur Bestätigung der finalen und möglichst exakten Zielposition. Der eigentliche Luftangriff bestand dann aus Sprengbomben, Luftminen und Brandbomben.
In Zschaagwitz wurden einige Häuser komplett zerstört. Die meisten wurden mindestens beschädigt. Für einen Einschlag nördlich der Bundesstraße gibt es einen Fotobeleg. In Aitzendorf wurde ein Hühnerstall zerstört. In Köttern sind bis heute Einschläge in digitalen Geländemodellen erkennbar - 5 in einer Gruppe auf einem Feld und ein noch unverfüllter Bombenkrater in einem Waldstück. Hier konnten bei einer Begehung entsprechend verformte Metallstreifen gefunden werden. Verbindet man alle bekannten Einschläge miteinander, ergibt sich eine Linie. Diese Linie bei nördlicher Anflugrichtung (Rückkehr von Nord nach Süd, dann abdrehend nach West über Thüringen) zeigt exakt auf Rochlitz.
Der Wiederaufbau von Gebäuden begann nach Kriegsende ab 1947. 1951 waren die meisten Arbeiten abgeschlossen (Quelle). Vereinzelte Schäden an nicht wohnrelevanten Gebäuden überdauerten die Jahrzehnte bis zur Nachwendezeit und nagten entsprechend an der Gebäudesubstanz.
Die Bevölkerungsentwicklung in Zschaagwitz ist ein Spiegel der Zeitgeschichte. Das untenstehende Diagramm ordnet die vorliegenden Zahlen (Quellen: 1; 2) auf einer Zeitachse ein. Bis 1950 liegen absolute Zahlen aus den Dörfern vor. Ab 1950 gibt es im Zuge der Eingemeindungen nur noch einen Wert für die Gemeinde Spernsdorf. Basierend auf prozentualen Anteilen der Dörfer an der Gemeindezusammenstellung und mit Hilfe eines Stapeldiagramms kann eine grobe Schätzung der Bevölkerungsentwicklung nach 1950 vorgenommen werden. Dargestellt als gestrichelte Linie.
Die ersten Zahlen liegen ab ca. 1550 vor. Die spärliche, bäuerliche Besiedelung ist eine Folge des harten Lebens und der Ereignisse zu dieser Zeit. Die Lebenserwartung war gering, die Kindersterblichkeit hoch. Hungersnöte, Missernten, Krankheiten und nicht zuletzt gesellschaftspolitische Hürden verhinderten einen starken Anstieg der Bevölkerung. Auch wenn keine Überlieferungen vorliegen kann man davon ausgehen, dass auch Zschaagwitz und Umgebung von schweren Einschnitten betroffen war. Beginnend mit dem Ende des 14. bis zum 17. Jahrhundert wütete die Pest mehrfach in Europa. Von 1614 bis 1648 tobte der Dreißigjährige Krieg.
Im 18. Jahrhundert kam es zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion, überwiegend bei der bäuerlichen Landbevölkerung. Im 19. Jahrhundert konnte dieses Bevölkerungsniveau gehalten werden - hier zeigen sich die bislang höchsten Werte in der Dorfgeschichte. Seit dem 20. Jahrhundert sinkt die Bevölkerung. Zwei Weltkriege und neue Verhütungsmethoden haben Spuren hinterlassen. Nach dem zweiten Weltkrieg kann die Bevölkerung als geschrumpft, aber halbwegs stabil angenommen werden. Die Neuzeit ist geprägt von Abwanderungen vor allem jüngerer Menschen (Landflucht), dem Wegfall der letzten noch traditionell bäuerlichen Generationen, aber auch von neuen Impulsen (Wohlstand, Wirtschaftsaufschwung, Stadtflucht), was zu Zuzügen und Neugeburten führt. Während ab 1950 noch eine grobe Schätzung der Einwohner möglich ist, gelingt dies ab 1993 durch die Eingemeindung zu Seelitz nicht mehr. Es liegen keine aktuellen Zahlen vor.